Keine Kürzung des Urlaubs bei Wechsel von Voll- in Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen

Wechselt der Arbeitnehmer von einer Vollzeit in eine Teilzeittätigkeit und sinkt dadurch die Anzahl der Tage, an denen der Arbeitnehmer im Betrieb ist, wurde bisher der noch nicht eingebrachte Urlaub anteilig umgerechnet. So wurde nach der nun aufgegebenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bisher sicher gestellt, dass ein Arbeitnehmer, der beispielsweise 6 Wochen Urlaub im Jahr hatte, auch beim Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen weiterhin 6 Wochen Jahresurlaub hatte. Diese Umrechnung stellt nach dem Europäischen Gerichtshof eine Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter dar. Daher ist keine Umrechnung des bereits während der Vollzeittätigkeit erworbenen Jahresurlaubsanspruches zulässig. Dieser Rechtsauffassung hat sich das BAG mit Urteil vom 10. Februar 2015 - 9 AZR 53/14 (F) nun angeschlossen. Dies kann aber, je mehr alte Urlaubstage vor dem Wechsel in die Teilzeit nicht eingebracht wurden und je stärker die Zahl der Wochenarbeitstage sinkt, schnell zu Problemen mit sehr langer Urlaubsdauer führen. Wie kann sich der Arbeitgeber hier verhalten?

Keine Rechtsnorm regelt ausdrücklich, was passiert, wenn der Arbeitnehmer von Vollzeit in Teilzeit wechselt

Der Urlaub wird errechnet an Hand der Tage, die der Arbeitnehmer im Betrieb ist. Ausgegangen wird dabei gemäß § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) von einer 6 Werktage Woche, für die ein Anspruch auf Urlaub in Höhe von 24 Werktagen besteht. Die Formel zur Umrechnung von Werktagen in Arbeitstage lautet:

(Anzahl d. Urlaubsanspruchs in Werktagen / Werktage ) x Arbeitstage = Arbeitstage Urlaubsanspruch

Arbeitet der Arbeitnehmer 5 Tage die Woche, besteht ein Anspruch auf 20 Arbeitstage Urlaub (24 / 6 x 5 = 20). Die tatsächliche tägliche Arbeitszeit (2, 4 oder 8 Std. täglich) ist für die Berechnung der Dauer des Urlaubsanspruches ohne Belang. Maßgeblich für die Dauer des Urlaubsanspruchs sind allein die Tage, an denen gearbeitet wird. Daher hat eine Person, die 40 Std. Wochenarbeitszeit an 5 Arbeitstagen einbringt, den gleichen Urlaubsanspruch wie eine Person, die 10 Std. Arbeitszeit an 5 Arbeitstagen einbringt. Der Anspruch auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit ist in § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) festgelegt. Regelmäßig kann nach der Rechtsprechung des BAG - Urteil vom 18.08.2009 (Az. 9 AZR 517/08) auch eine Neuregelung über die Arbeitstage verlangt werden. Oftmals wird mit der Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auch eine Verringerung der Wochenarbeitstage einhergehen.

Berechnung des Urlaubsanspruches einer Teilzeitkraft

Die Formel hierfür lautet:

 (Anzahl der Urlaubstage der Vollzeitkraft x Arbeitstage pro Woche der Teilzeitkraft) / Arbeitstage pro Woche der Vollzeitkraft

bzw. bei unregelmäßigen Arbeitstagen muss ein Vergleichszeitraum geschaffen werden:

 (Urlaubstage im Unternehmen x Arbeitstage des Mitarbeiters über 13 Wochen) / Arbeitstage der übrigen Vollzeitmitarbeiter über 13 Wochen

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer wechselt ab dem 15.07 des laufenden Jahres in eine Teilzeittätigkeit und arbeitet nicht mehr an fünf, sondern nur noch an vier Tagen in der Woche. Bisher wurde kein Urlaub genommen. Der Jahresurlaubsanspruch bei Vollzeit beträgt 30 Arbeitstage (6 Wochen).

Der neue Jahresurlaubsanspruch beträgt somit 24 Arbeitstage (30 Arbeitstage Urlaubsanspruch x 4 Arbeitstage Teilzeit / 5 regelmäßige Arbeitstage). Ab Beginn der Teilzeittätigkeit hat der Arbeitnehmer somit Anspruch auf 12 Arbeitstage Urlaub für die verbleibende Jahreshälfte (Jahresurlaubsanspruch / 12 Monate x restliche Monate des Jahres für die Urlaub gewährt wird; 24 / 12 x 6 = 12)

Der noch nicht eingebrachte Urlaub darf jedoch nach der neuen Rechtsprechung nicht umgerechnet werden. Daher hat der Arbeitnehmer für die Monate Januar bis Juni einen Urlaubsanspruch von 15 Tagen erworben. Diese bleiben in vollem Umfang erhalten. Insgesamt hat der Arbeitnehmer somit bei Wechsel in die Teilzeit 27 Arbeitstage Urlaubsanspruch. Nach der bisherigen Rechtsprechung wären es nur 24 Arbeitstage Urlaubsanspruch, da der noch nicht eingebrachte Urlaub mit umgerechnet worden wäre. Dies ist nun nach der neuen Rechtsprechung nicht mehr möglich. Dies gilt auch dann, wenn ein Tarifvertrag die Kürzung ausdrücklich vorsieht.

Folge und Rat

In diesem Beispiel ist es für den Arbeitgeber relativ überschaubar geblieben. Durch den Wechsel in die Teilzeit gilt es, nur einen Zeitraum von annähernd einer Woche mehr abzufangen. Je näher am Jahresende der Wechsel und je stärker jedoch die Verkürzung der Wochenarbeitstage gewünscht ist, desto länger können die Abwesenheitszeiten werden. Da nun nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass der Jahresulaubsanspruch in Wochen der gleiche bleibt, kann es an wichtigen Stellen zu längeren Abwesenheitszeiten kommen. Dem Arbeitgeber ist also anzuraten, den Mitarbeiter zu bitten, seinen entstandenen Jahresurlaub aus der Vollzeittätigkeit vor Wechsel in die Teilzeit abzubauen um lange Ausfallzeiten zu vermeiden.